Schulgarten

Verwundert zog Kyoko eine Augenbraue hoch. "Wieso sollte ich...", setzte sie die Frage an. Dann fiel es ihr auf. "Oh... Ehm... das tut mir leid.", meinte sie dann. Allerdings tat ihr Aisha nicht wirklich Leid. Sie war eine Blutsaugerin, ein Monster, im Grunde. Es war also mehr nur so eine Floskel.
Schulterzuckend setzte sie sich zu der Vampirin, aber mit ein wenig Abstand. Sie hatte gesehn, wozu diese im Stande war. Und je mehr Raum zwischen ihnen war, umso höher war ihre Chance, dass sie sich retten könnte, falls es zu einem Zwischenfall kommen sollte.
"Also...", began die 16jährige mit ruhiger aber ernster Stimme. "Das, was da in dieser Kirche vorgefallen ist, muss unbedingt unter uns bleiben. Ok? Mein Leben könnte davon abhängen.", erklärte sie schließlich. Dabei überlegte sie, ob sie damit nicht zu viel verriet. Andererseits war ihr das im Moment aber aus irgendeinem Grund völlig egal.

Die Vampirin zog ein Bein an und legte ihre Arme drauf, auf der Suche nach einer bequemeren Sitzposition. Dann lächelte sie. Du solltest mir vielleicht noch sagen, warum dein Leben davon abhängt. Immerhin sehe ich im Moment keine große Notwendigkeit, niemandem zu sagen, dass du Hunterin bist oder zumindest warst. Es gibt sogar an der Akademie noch massenhaft andere Hunter. Davon abgesehen bin ich nicht sehr gut auf Hunter zu sprechen. Ihr Blick verfinsterte sich ein bisschen beim Gedanken an Sassori und Rin. Sie hatten alles kaputt gemacht...

Die Reaktion hatte sie schon fast erwartet. Sie wandte augenblicklich ihren Blick von Aisha ab und sah auf den Boden vor ihren Füßen.
Ihre Miene wurde hart und abweisend, ihre Gesichtszüge kalt. "Gut. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich hasse Vampire.", erwiderte sie auf den letzten Kommentar der Vampirin.
"Aber...", warf sie sofort darauf ein. "Ich bin nicht hier um Streit anzufangen. Das habe ich hinter mir gelassen.", erklärte sie weiter.
"Und warum mein Leben davon abhängt? Das ist leicht. Ich hab mir gewisse Feinde gemacht, die mich eventuell suchen könnten.", sprach sie trocken weiter. "Ich bin hier, um mein altes Leben hinter mir zu lassen, um in gewissermaßen neu anzufangen. Wenn aber alle wissen, dass ich eine Hunterin war, dann wird man auf mich aufmerksam werden. Ich denke du weißt, was dann passiert."

Zwar war sich Aisha sicher, dass das nicht die ganze wahrheit war, aber sie wollte ebenfalls keine Streit anfangen, also ließ sie das Thema vorerst fallen. Warum hasst du Vampire so sehr? Ich nehme an, dass du deshalb Hunter geworden bist und nicht andersherum, also wo liegt dein Problem?

"Tze... das ist doch offensichtlich.", erwiderte Kyoko, ohne sich Mühe zugeben ihren Hass zu verbergen. "Du liegst falsch. Ich war schon immer Hunterin. Meine ganze Familie war es.", fuhr sie fort.
"Ihr seit blutsaugende Monster. Wir sind eure Beute. Warum sollten wir euch mögen? Ihr tötet uns! Wir wehren uns!"

Aisha lächelte. Ja, du hast Recht. Außerdem tragen alle deutschen Lederhosen, Mädchen sind schwach und können sich nicht wehren, schwarze Menschen sind immer kriminell, Hunter töten jeden Vampir den sie sehen und haben ihre Aggressionen nicht unter Kontrolle, und Köche sind immer dick. Glaubst du nicht, dass du das ganze Thema ein bisschen verallgemeinerst? So wie du das hinstellst müsste ich dich theoretisch in 20 Sekunden anspringen, weil ich dein Blut trinken will. Nur weil es einige gibt, die so sind, heißt das nicht, dass das die Mehrheit betrifft, oder? Sie mochte es nicht, in eine Schublade gesteckt zu werden, das würde Kyoko ja auch nicht gefallen.

Die 16jährige verdrehte die Augen. "Ja, natürlich...", murmelte sie genervt.
"Du gehörst zu den höheren Vampiren, daher kannst du dich beherrschen. Wärst du ein Level E, dann hättest du mich längst angesprungen.", antwortete sie ruhig. "Und damit seit ihr sogar schlimmer als die Level E. Denn sie wurden dazu gezwungen so zu sein, wie sie sind und sie können sich gegen die Gier nicht wehren. Ihr dagegen könnt euch wehren. Ihr könntet euch beherrschen. Aber ihr trinkt trotzdem unser Blut und tötet Menschen.", fügte sie dem kalt hinzu.
"Oder willst du etwa leugnen, dass auch du schon das Blut eines Menschen getrunken hast?!", ernst sah Kyoko Aisha an, als sie diese Frage stellte.

Aisha nickte. Natürlich nicht. Du wirst wohl kaum einen Vampir finden, der noch kein Menschenblut getrunken hat. Aber vielleicht sollten wir das Thema lassen, ich bemerke, das sich eine Grundsatzdiskussion angefangen habe, die früher oder später in einem Kampf enden dürfte. Sie setzte sich im Schneidersitz hin und sah Kyoko an.

Kopfschüttelnd sah sie wieder von Aisha weg. Das hätte man ja fast schon lustig finden können. "Genau das meine ich. Jeder von euch, betrachtet uns als seine Beute. Wir sind Nahrung für euch.", war ihr letzter Kommentar zu dem Thema.
"Du hast Recht. Lassen wir das, bevor wir uns gegenseitig verletzen.", willigte sie nickend ein.
Erneut seufzte sie. "Also... was ist jetzt? Kann ich mich darauf verlassen, dass du dicht hälst?" Eine dumme Frage, denn dieser Vampirin wirklich vertrauen würde sie wohl so oder so nicht können.

Du vertraust mir nicht, das ist verständlich. Aber ich möchte mir dein Vertrauen verdienen. Was kann ich tun, damit du mir mehr vertraust? Immerhin habe ich bis jetzt auch niemandem etwas gesagt, oder? Sie sah Kyoko an und ihr drängte sich der Wunsch auf, eine Freundin zu haben. Vielleicht schaffte sie es ja doch irgendwie, dass Kyoko ihr vertraute. Willst du ein Treuepfand von mir?

"Ich kann nicht wissen, wem du davon erzählt hast oder auch nicht. Schließlich bin ich dir nicht seit dem Vorfall überall hin hinterher geschlichen, oder?", erwiderte sie darauf. Dann schwieg sie einen Moment und betrachtete Aisha nachdenklich und zugleich skeptisch. Meinte sie es wirklich ernst? Oder war das nur ein Trick. "Ich wüsste nicht, wie das funktionieren sollte.", entgegnete sie schließlich. "Was sollte mich davon überzeugen, dass ich einer Vampirin vertrauen kann?", fragte sie im Gegenzug.

Aisha dachte nach. Ich weiß es nicht. Du musst entscheiden, ob du mir vertraust oder mich für vertrauenswürdig befindest. Habe ich bis jetzt irgendetwas gemacht, was nahelegen würde, dass ich für dich nicht vertrauenswürdig bin, davon abgesehen, dass ich nun mal in eine Vampirfamilie hineingeboren wurde? Sie kniete sich hin und sah Kyoko an. Ich werde dich nicht hintergehen. Das ist nicht meine Art. Glaub es, oder nicht.

Das Mädchen stand auf und klopfte sich etwas die Kleider sauber. Sie blickte zu Aisha, dann wieder weg. "Behalte die Sache einfach für dich. Dann weiß ich, dass ich dir vertrauen kann.", murmelte sie als Antwort.
In diesem Moment wünschte sie sich wieder, dass sie gar nicht hier wäre. Dass diese Nacht vor einem Jahr niemals gewesen wäre und sie ihr altes Leben wieder hätte. Dann müsste sie nicht hier neben einer Vampirin stehen, von deren Schweigen in gewissermaßen ihr Leben abhing.
Sie vermisste ihr unkomplizierztes altes Leben. Sie vermisste ihre Eltern und am allermeisten ihre kleine Schwester. Und sie hasste ihr neues Leben. Sie hasste diese Akademie. Sie hasste es hier zu sein. Aber all das würde hoffentlich auch bald vorbei sein. Kyoko müsste bloß noch diesen Reinblüter finden... danach könnte sie ihrer Familie endlich folgen.
"Warum ist es dir eigentlich so wichtig, dass ich dir vertraue? Ich dachte, du magst Hunter nicht." Bei diesen Worten blickte sie wieder auf Aisha.

Auch Aisha stand jetzt auf. Weißt du, wenn man sehr einsam ist, dann ist man bereit, jeden Strohhalm zu ergreifen, um nicht unterzugehen. Ich hasse Hunter, weil ich mit mehreren sehr unangenehme Erfahrungen gemacht habe, aber bis jetzt habe ich noch keine mit dir gemacht. Wir werden sehen, ob das noch kommt.

'Sie ist einsam? Wieso? Sie muss doch Freunde an der Schule haben... und eine Schwester... diese Rin war doch ihre Schwester...', überlegte Kyoko sofort. Das fand sie schon recht merkwürdig. Wie konnte eine Vampirin oder auch eine normale Schülerin an dieser Schule einsam sein?
Schließlich zuckte sie mit den Schultern. "Ich fürchte, da muss ich dich enttäuschen.", erwiderte sie kalt. "Ich hab sicher kein Interesse daran dir deine Einsamkeit zu nehmen." Obwohl sie selber nur zu gut wusste, was es hieß einsam zu sein. Seit einem Jahr hatte sie niemanden mehr. Deshalb würde sie sich ja auch das Leben nehmen, nachdem sie den Mörder ihrer Familie getötet hatte, falls dieser ihr das nicht sowie so abnahm.

Aisha lächelte. Das habe ich auch nicht von dir verlangt. Ich sagte, dass ich einsam bin, aber das ist für mich kein so schlechter Zustand. Denn wenn du einsam bist und dich auf niemanden verlässt, kann dich auch niemand verletzen. Zu oft habe ich mein Vertrauen in die falschen Personen gesetzt. Ihre Stimme war fest, sie versuchte im Moment noch, sich selbst mehr davon zu überzeugen was sie sagte als Kyoko.

Durch Aishas Worte wurde Kyoko still. Sie brannten sich fürmlich in ihr Gehirn. Sie wusste, wovon die Vampirin sprach. Seit einem Jahr wusste sie es. Sie wusste, was es hieß einsam zu sein. Und sie kannte das Gefühl niemanden zu haben und auch keinem anderen vertrauen zu können.
Seit sie das alles kannte, wusste sie, was sie früher alles gehabt hatte. Was für ein Glück sie gehabt hatte, was für ein schönes Leben. Und schon kehrte die Sehnsucht zurück. Betrübt dachte sie an ihre Familie zurück. Vor allem an ihre Schwester. Das kleine Ebenbild ihrer selbst war ihr immer am nächsten gewesen.
Als sie merkte, dass sie zu lange still gewesen war, schüttelte sie die Gedanken ab und blickte erneut zu Aisha.
"Gut. Hätten wir das geklärt.", sprach sie schließlich abweisend. "Wie gesagt, ich wäre dir sehr verbunden, wenn du die Sache für dich behieltest. Wer weiß vielleicht kann ich dir ja so irgendwann vertrauen.", sie zuckte mit den Schultern.
"Und ansonsten. Sayounara. Ich bin dann mal weg.", fügte sie dem hinzu, bevor sie sich von Aisha entfernte.
Das, was sie mit dieser hatte klären wollen, hatte sie geklärt. Alles andere war unwichtig. Und ob sie der Vampirin vertrauen konnte, würde sich zeigen.

tbc. Kyokos Zimmer

Lange war Aisha einfach nur wach im Garten gelegen und hatte nachgedacht. Sie wusste, dass es einen Ball gab, doch sie wollte nicht hingehen, Bälle und tanzen waren noch nie so ganz ihr Ding gewesen. Sie beobachtete, wie die Wolkendecke über ihr sich verdichtete und die ersten Regentropfen auf ihr Gesicht fielen. Irgendwann war sie schon völlig durchnässt, doch noch immer lag sie einfach nur im Gras. Es bringt mir nichts, hier die ganze Zeit nur rumzuliegen und in Selbstmitleid zu schwelgen dachte sie und stand auf. Ich werde mal vor dem Regen Schutz suchen. Langsam ging sie in Richtung Wohnheim.

tbc: Haus Mond Wohnzimmer

Man hab ich lange ausgesetzt... dachte Yuuko als sie durch den Schulgarten wanderte. Natürlich fing es sofort an zu regnen, wie sollte es auch anders sein? Sie seufzte und stellte sich unter einen dichten und großen Baum und hoffte, dass der regen bald aufhören würde. Day Class Schüler konnte sie ja nicht erwarten, die waren bestimmt noch vom Ball müde oder waren zu faul um bei diesem Wetter das Wohnheim zu verlassen.

Ai musste ja so leichtsinnig sein und keinen Schirm mitnehmen, obwohl der Himmel total für Regen sprach. Die Rosahaarige rannte im Eiltempo zu irgendeinem Ort, an dem sie sich unterstellen konnte, vom Wohnheim war sie schon wieder zu weit entfernt. Als sie endlich eine Stelle zum unterstellen fand, sah sie eine Schülerin der Night Class. Die Rosahaarige blinzelte verwundert, was machte ein Schüler dieser Klasse so früh hier? Gut das bis jetzt noch keine Day Class Schüler aufgedacht waren. Ai stellte sich neben die Unbekannte und grüßte sie. Tag auch sagte sie und lächelte.

Kurz erschrak Yuuko und schaute das Mädchen neben ihr genau an und bemerkte die Vertrauensschülerbinde. Erleichtert atmete sie aus und lächelte das Mädchen ebenfalls an. Hallo. Sie drehte sich ganz zu dem Mädchen um, diese hatte ja eine ziemlich auffällige Haarfarbe. Ich bin Yuuko Ichiharu und du? fing sie an und schaute kurz durch den Garten. Ich wusste gar nicht, das wir neben Zero noch einen Guardian haben.

Ein wenig auf Abstand war Ai ja geblieben, nicht das dieses Mädchen genau so drauf war wie Sara, nicht das sie danach aussah aber man konnte ja nie wissen. Jedenfalls hoffte Ai ja, dass Yuuko nicht so durchgeknallt war. Ai Enma, freut mich! rief sie und grinste. Hehe ja, ich war nach einiger Zeit lange abwesend, deswegen werden mich wahrscheinlich nicht so viele kennen, inklusive dir Ai sweatdropte, als sie an den Grund dachte. Natürlich war das vielen aufgefallen. Aber ich passe stets auf das keine Day Class Schüler euch belästigen, ab jetzt versteht sich sagte sie und kratzte sich peinlich berührt an der Wange, sie war ja doch ziemlich lange weg.

Achso. war Yuukos antwort und sie pausierte kurz. Ai hatte eine komische Präsenz und mit der Zeit war sich Yuuko sicher, dass sie ein Vampir war. Aber kein adeliger, sonst würde Cross ihr wohl kaum erlauben in die Day Class zu gehen. Reinblüter auf gar keinen Fall, also war sie bestimmt wie Zero ein Level D. Das heißt... du bist dieses Mädchen das von Sara gebissen wurde... sagte Yuuko frei heraus, obwohl sie es eigentlich nicht wollte. Na dann hoffe ich auf gute Zusammenarbeit, Enma-san. meinte Yuuko danach und wollte das Thema wechseln.

.... Logischerweise wusste Yuuko davon, immerhin ging sie in die Night Class und Kaname hatte diese ja aufgeklärt. Vielleicht hat er nicht ihren Namen gesagt, aber die anderen Vampire konnten die Präsenz ihres gleichen ja spüren. Und Zero kannten sie ja, also blieb nur Ai übrig. Sie seufzte. Ja, bin ich... Aber das ist schon länger her vergessen wir die Sache lieber! Die Rosahaarige versuchte zu lächeln und ging auf den Themawechseln ein. Ja, ich werde mein bestes geben! rief Ai und zwinkerte Yuuko zu.

Yuuko hätte sich selbst schlagen können, als sie bemerkt hattte das sie bei Ai einen Wunden Punkt getroffen hatte. Sie konnte verstehen warum die Guardian nicht darüber reden wollte, wieso auch sich an dieses schreckliches Ereignis erinnern? Ein wenig Mitleid hatte sie ja. Als Ai beim Themawechsel mitmachte und so enthusiastisch antwortete lächelte Yuuko. Na dann brauche ich wohl keine Angst mehr vor Groupies haben